Von Stefanie George
Höchst. Verschmierte Sitze, aufgeheizte Atmosphäre im überfüllten Bus, alkoholisierte Ruhestörer an Haltestellen:
Vandalismus und Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln sind kein neues Problem. Elf Achtklässler aus Höchst wollen künftig nicht mehr wegsehen,
wenn sie im Alltag Zeugen solcher Vorfälle werden. Die Schülerinnen und Schüler der Robert-Koch-Realschule wurden vom Rhein-Main-Verkehrsverbund
(RMV) und der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) in Zusammenarbeit mit der Frankfurter Polizei zu Bus-Lotsen ausgebildet.
Nachdem andere
Verkehrsunternehmen positive Erfahrungen mit derartigen Projekten gemacht haben, hofft die VGF nun auch, das Klima im Schülerverkehr langfristig
verbessern zu können. Seit 2003 bildet der RMV Bus-Lotsen aus, mit der Robert-Koch-Schule beteiligten sich erstmals Frankfurter Schüler am Projekt.
Sichtlich stolz nahmen die Achtklässler gestern von RMV-Projektleiter Peter Vollmer in der Stadtbahn-Zentralwerkstatt in Praunheim ihre Ausweise und
Zertifikate für den erfolgreich absolvierten Lehrgang entgegen. Ab Mitte März werden sie als Fahrzeugbegleiter im Einsatz sein.
Warum sie
mitmachen wollten? «Wir fahren jeden Tag mit dem Bus zur Schule, da kommt es häufiger zu Situationen, in denen sich keiner eingreifen traut.
Jetzt wissen wir eher, was wir tun können», erklärt Damiano. Kaugummis auf den Sitzen, verschmierte oder verkratzte Scheiben – das nervt
die meisten Schüler selbst. Häufig werde man dann auch noch dumm angemacht, das soll sich jetzt ändern – zumindest wenn die Lotsen im Bus
sind.
Spaß gemacht hat die Sache im Rückblick allen. «Man hat auch gelernt, anders auf Leute zuzugehen, irgendwie höflicher»,
findet Mona. Zudem, merkt Büsra an, mache sich ein solches Amt doch auch gut im Zeugnis, wenn man sich irgendwann mal bewerben wolle.
Insgesamt acht Wochen lang wurden die elf Schüler von Rüdiger Appelt und Roland Houda von der VGF trainiert und für den Ernstfall ausgebildet. Aufgabe
der Fahrzeugbegleiter ist es, bei kritischen Vorfällen einzugreifen und als Ansprechpartner für ihre Mitschüler dazu sein. Dabei übernehmen sie
Verantwortung, agieren gleichzeitig als Vorbild für andere und lernen, im Team zu arbeiten.
Denn das ist eines der wichtigsten Grundsätze
der aggressionsfreien Konfliktbewältigung: Sich niemals alleine in eine gefährliche Situation begeben. In kritischen Fällen sollen sich die Bus-Lotsen an
den Fahrer wenden und um Hilfe bitten.
Peter Reichwein von der Höchster Polizei und sein Kollege Hans-Georg Lösche haben das
Bus-Lotsen-Projekt von Anfang an begleitet. Reichwein warnt davor, die Erwartungen an derartige Projekte zu hoch zu schrauben, glaubt aber durchaus
an die positiven Auswirkungen, wie zum Beispiel auch die langfristige Vorbildfunktion. «Jugendliche können Gleichaltrige einfach besser einschätzen
und verstehen. Die Schüler machen das sehr gut.»
Mit den elf frisch gebackenen Bus-Lotsen aus Höchst gibt es aktuell insgesamt über
200 jugendliche Fahrzeugbegleiter im Rhein-Main-Gebiet. Hintergrund für die Aktion ist die oft gereizte Atmosphäre in den vollen Fahrzeugen.
Außerdem sollen Sicherheitsrisiken in den Bussen und an den Haltestellen – insbesondere für kleinere Schüler – wie auch Schäden durch mutwillige
Zerstörungen aller Art mit dem Einsatz von Buslotsen verringert werden.