Höchster Kreisblatt vom 08.06.2010
Damit hat sie nicht gerechnet
Selma Bakri besucht die 8. Klasse der Robert-Koch-Schule. Kreisweit wurde sie Mathe-Siegerin, landesweit kam sie auf Platz 18.
Foto: Hans Nietner
Von Juliane Schneider
Aus der Robert-Koch-Schule kommen viele erfolgreiche Mathematik-Schüler, die bei
Wettbewerben überdurchschnittlich abschneiden. Doch Strebertypen sind das nicht, sie lernen im Unterricht, den
Mitschülern zu helfen.
Höchst. «Na, an welcher Stelle stehst du wohl?» Als Selmas Lehrerin ihrer
Schülerin das Ergebnis des kreisweiten Mathematikwettbewerbs mitteilen will, rechnet die 14-Jährige höchstens mit einem
Platz im Mittelfeld. «Vielleicht Nummer 28?», fragte sie. Die Antwort der Lehrerin hat sie fast um: «Du bist erste
geworden!» Den Tag und den Anruf wird die glückliche Gewinnerin wohl nie vergessen.
Auch Neslihan Akgün (13) hatte sich für die zweite Runde des bundesweiten Wettstreits der Achtklässler qualifiziert,
auch sie ist eine Schülerin von Annett Lutz. Schon 2006 und 2008 hatte die Mathelehrerin der Robert-Koch-Schule eine Kreissiegerin gestellt.
Wer will sich verbessern?
Vielleicht ist die Lehrerin deswegen so erfolgreich, weil in ihrer Klasse auch leistungsstarke Schüler gefördert werden.
«In vielen anderen Schulen bekommen nur schwache Schüler Förderunterricht», erzählt sie. Dabei haben die manchmal
überhaupt keine Lust. «Dann bringt das ohnehin nichts», so die Erfahrung von Annett Lutz.
«Ich frage immer, wer sich denn verbessern möchte.» So seien die zwölf Förderplätze meist zu einem Drittel mit «guten»
Schülern besetzt, die den schwächeren sogar weiterhelfen. «Das hat auch einen sozialen Aspekt.»
Auch in den regulären Unterrichtsstunden achte sie darauf, dass es möglichst viele Differenzierungsaufgaben gebe.
Gerne motiviert sie mit aktuellen Themen. «Gerade drehen sich unsere Aufgaben rund um den Fußball.»
Vor dem Kreisentscheid in Frankfurt haben auch Selma und Neslihan jede Menge Zusatzstunden bekommen: Mal nimmt sich
dieser, mal jener Lehrer Zeit und paukt mit den Mädchen. Die Palette der Fragen ist schließlich groß. «Ich mag
Prozentrechnung und Gleichungen am liebsten», verrät Selma.
Sorgfalt zahlt sich aus
Vater und Mutter begleiten ihre begabte Tochter zu dem großen Tag und warten gespannt im Flur. Sie müssen lange warten.
«Wir waren fast die letzten, die herausgekommen sind», erzählt Selma. Daher habe sie auch nicht mit dem Sieg gerechnet.
«Bei gleicher Punktzahl gewinnt nämlich, wer schneller war.» Aber die Sorgfalt hat sich gelohnt. Keiner der 66
Mitstreiter hat so viele Punkte wie Selma (42,5 von 48). Mitschülerin Neslihan kann sich über einen guten 11. Platz
freuen.
Im Mai ist Selma Bakri dann zum Landesentscheid nach Wiesbaden gefahren, wo gleichzeitig der Wettbewerb von Gymnasien
und Hauptschulen stattfand. In der Tasche hat sie einen Din-A-4-Zettel mit guten Wünschen der Mitschüler. «Selma, du
schaffst das!» und «Wir drücken dir die Daumen!», steht darauf geschrieben. Alle sind stolz auf ihr Mathe-Ass, Neider
gibt es nicht. Vielleicht auch, weil sie so nett und bescheiden ist. In dieser dritten Runde schafft sie noch einen guten
18. Platz.
In einer feierlichen Zeremonie bekommt sie die Urkunde ausgehändigt. Vom Sponsor der Veranstaltung, dem Arbeitgeberverband
«Hessenmetall», gibt es ein Computerspiel und zehn Euro.
«Die schauen sich an solchen Tagen genau an, wer in Mathematik gut ist», vermutet Annett Lutz. Solche Schüler möchten
viele in ihrer Firma beschäftigen. Auch Selma würde wohl kein Problem haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Aber
vielleicht macht sie erst noch ihr Abitur, denn die fleißige Schülerin aus Nied ist auch in anderen Fächern richtig
gut.