Frankfurter Neue Presse vom 23.01.2009

Unsere Lehrerin soll bleiben

Von Sabine Henrichs

Höchst. «Ohne Frau Schütze ist Englisch Mist», steht in großen Buchstaben auf dem Plakat, das Jannis (13) hochhält. Für ihn und andere Robert-Koch-Schüler steht fest: Sie wollen nicht auf Patricia Schütze verzichten. Und taten das gestern eindrucksvoll kund. Mit selbst gebastelten Plakaten und lauten «Wir- wollen-Frau-Schütze»-Rufen demonstrierten die Schüler auf dem Justinusplatz vor der Außenstelle der Koch-Schule für ihre Englisch-Lehrerin. «Sie kann alles so gut erklären. Wir lernen wirklich sehr viel», sagt Ahmet.

Seit zwei Jahren, dem Programm «Unterrichtsgarantie plus» sei dank, unterrichtet die gebürtige Kanadierin an der Realschule in der Luciusstraße, zunächst noch als Vertretung. Da die fest angestellte Englisch-Lehrerin allerdings seit rund eineinhalb Jahren wegen Krankheit fehlt und fast ein ganzes Jahr so gut wie kein Unterricht stattfand, unterrichtet Patricia Schütze seit dem Schuljahr 2008/2009 fünf Klassen fest in Englisch.

Zwar hat die Lehrerin keine pädagogische Ausbildung, doch seit zehn Jahren gibt sie Nachhilfe in ihrer Muttersprache und hat in ihrer Heimat über viele Jahre mit Kindergruppen gearbeitet. «Ich weiß, wie ich einen Draht zu den Kindern bekomme und guten Unterricht machen kann, auch ohne ein Studium», ist sie überzeugt.

Auch das staatliche Schulamt bescheinigte ihr die pädagogische Eignung und erteilte ihr die Unterrichtserlaubnis. Dadurch änderte sich auch die Gehaltsstufe von Patricia Schütze, denn anstatt nach dem Lohn von «Unterrichtsgarantie plus» bezahlt zu werden, erhielt sie einen befristeten BAT-Vertrag (Bundesangestelltentarif). Doch das ist die Krux, weil dieser Erlass vorsieht, Lehrer nach ihren absolvierten Ausbildungen zu bezahlen.

Da Patricia Schütze keine derartigen Ausbildungen vorweisen kann, wird sie in die niedrigste Gehaltsstufe eingestuft. «Ich verdiene nun brutto weniger als ich noch netto bei der ,Unterrichtsgarantie plus’ hatte», erklärt sie. Und das bei gleichem Aufwand wie ihre studierten Kollegen, denn auch sie muss außer dem Unterricht noch Arbeiten kontrollieren oder bei Konferenzen anwesend sein. «Ich möchte nach Leistung bezahlt werden, nicht nach einem Erlass. Ich unterrichte immerhin fünf Klassen, so viel wie kein anderer Englisch-Lehrer», so Patricia Schütze, die daraufhin die Konsequenzen zog und die Schule zum 1. Februar 2009 aufgrund geringer Bezahlung verlassen will.

Auch ein am 18. Dezember vergangenen Jahres verfasster Brief an Kultusminister Jürgen Banzer (CDU) nützte nichts. Die negative Antwort erreichte am vergangenen Montag die Robert-Koch-Schule – und ließ nun Eltern und Schüler auf die Barrikaden gehen. Innerhalb von zwei Tagen organisierten sie die Demonstration. Ein eindeutiges Zeichen, stehen doch nicht nur die Schüler und Eltern, sondern auch die Schulleitung hinter der Kanadierin. «Patricia Schütze ist motiviert, hochqualifiziert und bei uns als volle Lehrkraft akzeptiert. Es wäre schade, wenn wir eine Topkraft aufgrund einer Gesetzeslage verlieren würden, aber leider sind uns die Hände gebunden», bedauert Franziska Burkhard, die stellvertretende Schulleiterin.

Auch die Eltern machen ihre Haltung durch die Teilnahme an der Demonstration deutlich. «Sie hat ein Händchen für die Kinder und ist sehr beliebt. Gerade in Zeiten, in denen es in Frankfurt einen Mangel an Englischlehrern gibt, verstehe ich solche Entscheidungen nicht», ist Manuela Lauber, Elternbeirätin einer fünften Klasse, enttäuscht.

Findet sich keine schnelle Einigung, soll Patricia Schütze ab dem zweiten Halbjahr durch eine studentische Kraft aus Finnland ersetzt werden. Die Eltern werden darüber heute ab 17 Uhr bei einem Gespräch im Pavillon der Robert-Koch-Schule informiert.

Seit gestern Mittag gibt es für die Schulgemeinde allerdings neue Hoffnung. Landtagsabgeordneter Alfons Gerling (CDU) hat nämlich wegen der Angelegenheit mit Kultusminister Banzer gesprochen. Dieser habe ihm zugesichert, sagte Gerling, dass er sich noch einmal mit dem Fall befassen und eine «einvernehmliche Lösung» suchen werde.