Gedanken

Wenn man allein ist, allein in einem großen, dunklen, leeren Haus, dessen einzige Wärmequelle ein Kachelofen ist, in dem leise ein Feuer die Überreste eines Baumes verschlingt. Wenn man allein in diesem großen, dunklen, leeren Haus in einem Sessel vor dem Kachelofen sitzt und die Wärme, die er ausstrahlt, auf seinem Gesicht spürt. Dann, ja dann, kommt man leicht ins Grübeln. Über Dinge, an die man im Alltag nicht denkt. Wenn außerhalb dieses großen, dunklen, leeren Hauses ein Gewitter tobt mit Blitz, Donner und Regen, der wild gegen das Fensterglas trommelt, die Spinnenweben an der Decke wackeln lässt und die Ratten in ihre Löcher scheucht. Wenn über dir die Dielen knarren, als ob jemand darüber laufen würde. Wenn der Wind mit kalten Fingern an den Fensterläden rüttelt, so als ob er sie aus den Scharnieren reißen wolle. Wenn dich von den Wänden Bilder von früheren Edelleuten mit kalten, unbeweglichen Augen anstarren. Dann, ja dann, kommt man leicht ins Grübeln. Dann denkt man an Sachen, die es gar nicht gibt. Oder doch? Wenn du allein die knarrenden Stufen der Treppe hoch läufst und du das Gefühl hast, beobachtet zu werden. Wenn dir die Spinnen mit ihren leuchtend gelben Augen folgen, egal was du tust, wohin du gehst. Wenn du in einen Raum kommst, der leer und dunkel ist, wie der Rest des Hauses, wo es kein Licht gibt, außer einer halb abgebrannten Kerze. Wenn in diesem Raum nichts steht, außer einer Kommode, in der sich die Motten eingenistet haben und einem staubigen, alten Himmelsbett. Wenn vor dem Fenster schwere, schwarze Vorhänge hängen und es aussieht, als ob jemand dahintersteht und nur darauf wartet, dass du einschläfst und den nächsten Tag nicht mehr erlebst. Dann kommt man leicht ins Grübeln. Dann denkt man an Dinge, die man sich lieber nicht vorstellen sollte.

Maike Franz, 9c